12. Juli 2011

Unabhängig wie ein Baby

Großmäulig hat sich der OZ-Chefredakteur über den Hochwertjournalismus der OZ geäußert, aus diesem Anlass:

Seltsame PR-Strategie
Rüffel für SPD-Star Schwesig
Aus Sicht von Manuela Schwesig war es eine tolle Idee: Zeitungen sollten nach SPIEGEL-Informationen fertige Texte aus ihrem Sozialministerium abdrucken. Doch die verantwortlichen Chefredakteure wollten diese unverhohlene PR nicht  - und gaben der SPD-Politikerin einen Korb. ...

Mitte April hatte Schwesig den Redaktionsleitern der "Ostsee-Zeitung", der "Schweriner Volkszeitung" (SVZ) und des "Nordkurier" Texte zum Thema Kinderschutz zum Abdruck angeboten, die im Auftrag des
Ministeriums von einer Agentur produziert worden waren. Der zweiseitige Brief war in einem Ton gehalten, als befänden sich die Zeitungen im Besitz der öffentlichen Hand: "Wir haben uns überlegt, im Land Mecklenburg-Vorpommern einen mehrteiligen Ratgeber 'Kinderschutz-ABC' in den führenden Regionalzeitungen zu veröffentlichen." Auch in punkto Timing machte Schwesig klare Ansagen: "Wünschenswert wäre es, wenn die Artikel über einen Zeitraum von ca. sechs Monaten in regelmäßigen Abständen (ggf. vierzehntägig) erscheinen würden." ...

Jan Emendörfer, Chefredakteur der "Ostsee-Zeitung", schrieb der Ministerin: "Wir halten es für sinnvoller,
selber entsprechende Themen zu beackern. Mit dem Abdruck einer in einem Ministerium erdachten und
produzierten Artikelserie kommen wir mit unserem Credo 'unabhängig und überparteilich' ins Schlingern." ...

Richtig, die OZ braucht keine Artikelserien. Die macht sie nämlich von sich aus. Ich erinnere an den schwesigergebenen Artikel über eine Seenotrettungsübung.

Ich erinnere an Schwesigs Reklame für eine Modeserie, die die OZ schwesigergeben in unverschämter Weise ausbreitete und die Leser dafür bezahlen ließ (in der Druckausgabe). Beide Themen sind aus dem Ministerium an Medien wie die OZ herangetragen worden - von wegen selber beackern.

Erinnern möchte ich an diesen Text, der in den Lokalausgaben Greifswald und Usedom erschien, für den die Leser zu zahlen hatten und der einer Presseeinladung entnommen wurde:
Schwesig besucht Herzklinik

Sozial- und Gesundheitsministerin Manuela Schwesig (SPD) wird am Donnerstag dieser Woche zu einem Informationsbesuch im einzigen Herz- und Diabeteszentrum von Mecklenburg-Vorpommern in Karlsburg erwartet. Vor allem will sie sich einen Eindruck über die Diabetesbetreuung von Kindern verschaffen. Dieses hat in Karlsburg eine mehr als 80-jährige Tradition. Seit Jahrzehnten kommen Mädchen und Jungen mit Diabetes in den Sommerferien aus allen Himmelsrichtungen nach Karlsburg, um sich jeweils zwei Wochen lang in der Region zu erholen.
Glauben Sie im Ernst, dass sich jemand diesen Text ausgedacht hatte, weil er meinte, es müsse mal wieder etwas Kritisch-Hochwertiges über Schwesig geschrieben werden? Billigere Vorwahlwerbung kann die Frau gar nicht erhalten als die der OZ.

Erinnern möchte ich an diesen Text in den Lokalausgaben Greifswald und Usedom:
Startschuss: 6000 Patienten werden für Studie untersucht
Greifswalder Wissenschaftler nehmen die Ursachen der sechs häufigsten Krankheitsbilder unter die Lupe. Sie wollen „maßgeschneiderte“ Therapien entwickeln. ...
Dagegen ist nichts einzuwenden, doch dann:
... Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) drückte im Foyer der Uni unter großem Gäste-Andrang den symbolischen Startknopf. 
Totaaaal wichtig? Dabei ist doch völlig piepe, wer und ob ein Knopf gedrückt wurde. Doch auch diese, dem OZ-Redakteur bedeutende Aussage, musste ins Blatt:
„Dieses Projekt ist ein großer Schritt in Richtung Medizin der Zukunft“, sagte Schwesig. ...
Fast überflüssig darauf zu verweisen, dass natürlich eine knopfdrückende Schwesig abgebildet werden musste:
Sozialministerin Manuela Schwesig drückt im Beisein von Prodekan Reiner Biffar (M.) und Wolfgang Lieb (r.), Leiter der Projektgruppe Individualisierte Medizin, den Startknopf für die Patientenstudie. ...
Es ist ganz einfach:
Da die OZ im Mantel nur noch beiläufig eigene Geschichten beackert, ist sie auf Gedeih und Verderb auf Pressemitteilungen, Pressetermine angewiesen, also auch auf das Sozialministerium. Insofern ist die OZ, bedenke ich noch die Abhängigkeit von Presseagenturen, so unabhängig wie ein Baby. Vom Beackern eigener Geschichten zu schwadronieren, ist nur großmäulig.

Übrigens: Dass sich das Ministerium überhaupt traut, solch eine Artikelserie anzubieten, zeigt deutlich, was sie von den drei Zeitungen im Land hält - nichts. Was die OZ betrifft, kann ich das verstehen. Die beiden anderen Blätter kann ich nicht beurteilen.

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