26. Oktober 2009

Nicht einmal die halbe Wahrheit

Die OZ, selbsternanntes Hochwertblatt, hatte am 20. Oktober berichtet:
Wieviel Hartz IV für Kinder?
In Berlin hat sich Schwarz-Gelb bereits auf millionenteure Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger verständigt. Doch davor steht noch Karlsruhe: Es prüft heute Leistungen für die 1,7 Millionen Kinder in Hartz IV. SEITE 4
Tatsächlich beschränkte sich das Hochwertblatt auf die Klage um den Bedarf von Kindern, die Alg 2 erhalten:
Gericht prüft: Wie viel Hartz IV braucht ein Kind?
auch am 21. Oktober:
Schwesig: Regelsatz zügig ändern
Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) hat zügige Änderungen an den Hartz-IV-Regelsätzen für Kinder angemahnt. ...
... als hätte die SPD mit der Festlegung der Regelsätze nichts zu tun gehabt.

Natürlich durfte ein zu Tränen rührender, gleichwohl scheinheiliger, Kommentar nicht fehlen:
Armenhilfe für KinderHartz ohne Herz
Was die OZ Ihnen verschwieg und bis heute verschweigt, weil es OZ-Leser nichts anzugehen hat:

... am 20. Oktober 2009 wurde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene (!) und Kinder (!) verhandelt. ...

1. Laut Präsident des BVerfG, Prof. Dr. Dr. H.-J. Papier, der den Vorsitz der Verhandlung innehatte, geht es ganz klar und eindeutig und, wie er sagte, "entgegen einigen Pressemitteilungen" sowohl um die Regelsätze für Erwachsene und somit auch den gesamten Hartz-IV-Eckregelsatz (§ 20 Absätze 1,2,3 SGB II), als auch um die Regelsätze für Kinder (§ 28 SGB II).
   2. Das BVerfG - auch dies wurde gleich zu Anfang gesagt - sieht durch Hartz-IV die Menschenwürde gemäß Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland verletzt, ferner das Sozialstaatsgebot (Artikel 20 GG). Das ist schwerwiegend, vor allem, weil der Präsident gleich zu Anfang darauf hinwies.
   3. Die Bundesregierung, die mit 28 Ministerialbeamten und deren Mitarbeitern, insgesamt rund 40 Leuten, angereist war, war nicht nur nicht in der Lage, dem BVerfG die rechtskonforme Bemessung der Hartz-IV-Regelsätze nachzuweisen, sondern blamierte sich, zusammen mit dem Bundesstatistikamt, dessen Vertreter dort auch vortrugen, bis auf die Knochen, weil man versuchte, die Richter des BVerfG durch vollmundiges langes Vortragen (das Magazin DER SPIEGEL nannte es "Geschwurbel") zu täuschen - und die Richter ließen das nicht mit sich machen, und ließen dies die Vertreter der Bundesregierung auch deutlich mit regelrechtem, zwar höflichen, dafür aber umso schärferem Spott spüren.
   4. Mehrere Sozialverbände und der Deutschen Sozialgerichtstag zogen nach der Mittagspause in der Verhandlung ihre bisherige Zustimmung zu den Hartz-IV-Regelsätzen zurück und begründeten, daß der vor der Mittagspause von der Bundesregierung geäußerte Sachverhalt bei den Verbänden und dem Deutschen Sozialgerichtstag für schwere Bedenken betreffend die Verfassungskonformität und Rechtmäßigkeit der Bemessung der Hartz-IV-Regelsätze gesorgt habe. ... 


Ausführliches ist hier nachzulesen.

Ganz besonders wichtig ist jedoch dieser Hinweis, den ich schon schon zwei Mal gab, den die OZ natürlich auch nicht gibt:

... Weiterhin sind die Chancen gestiegen, dass das BVerfG feststellt, die Regelleistungen seien verfassungswidrig und auch für die Vergangenheit neu zu bemessen. Aus diesem Grund ist zu empfehlen, rechtzeitig einen Überprüfungsantrag zu stellen oder neu erlassene Bescheide mit Widerspruch anzugreifen, um etwaige Ansprüche rückwirkend zu sichern.

Wir werden nun die bereits veröffentlichten Überprüfungsanträge überarbeiten und an die neue Situation anpassen. Außerdem werden wie sie um Musterwidersprüche gegen neu erlassene laufende Bescheide und gegen abgelehnte Überprüfungsanträge ergänzen sowie die zugehörigen Verfahrenstipps bereitstellen. ...


Hervorhebungen von mir.

1 Kommentar:

  1. Anonym28.10.09

    Hartz IV Kinder, die vergessenen Kinder, bewusst vergessen.
    Dazu fällt einem nichts mehr ein.

    Kinder sind doch nun wirklich am allerwenigsten für ihr Armsein verantwortlich zu machen.
    Aber nicht nur diese Kinder werden bewusst vergessen, es sind auch die behinderten Kinder, die laut Gesetz einen Anspruch auf Betreuung vor und nach der Schule haben. Weil aber Horte nicht mit dem notwendigen Personal ausgestattet werden, haben gerade diese Eltern es am Schwersten, Ihre Kinder unterzubringen.
    Gerade in der jetzigen Zeit, wo doch überall die Integration "auf dem Papier" riesengross geschrieben wird.
    Die Politik unterstützt eben lieber Industrien für fragwürdige Impfungen. Nur ein Beispiel so nebenbei.

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